Von: todesco <todesco@compuserve.com>
An: Marco Bettoni <m.bettoni@fhbb.ch>; Robert Ottiger <ottiger@swissonline.ch>
Betreff: Fw: conforming of objects and knowledge
Datum: Samstag, 16. Januar 1999 18:09
Liebe Kantoren ;-)
> Auf Eure Fragen und Kommentare will ich so bald wie möglich eingehen.
dont worry, dont hurry
>I am not sure if I follow you. I.e. I'm sure I don't follow you, to some
>degree. Certainly a crucial distinction between Kant and Hegel is the
>latter's denigration of the regulative which he disdains as merely
>"subjective" and thus not capable of overcoming the subject /object
>distinction to Hegel's satisfaction.
......
>Again, I'm not following you very well.
>My impression is that the Kant > post-Kant turn does not focus on this
>topic, though it certainly bears upon it. Rather, the focus of the Kant >
>Fichte > Schelling > Hegel sequence (if that's what we're talking about?)
>appears to me to pertain to the desideratum of consolidating and
>systematizing philosophy itself, beginning (e.g.) with Fichte's effort to
>consolidate theoretical and practical reason.
>Bruce Merrill
In einer Hinsicht fühle ich mich bestätigt: Bruce ist definitiv ein
Philosoph und kann deshalb überhaupt gar nicht begreifen,
worum es hier geht. (if that's what we're talking about?)
Und da er den Idealismus mit Fichte beginnt: Fichte hat das für
die Philosophie grosse Verdienst, die Systematik anstelle von
konkreten Fragen eingeführt zu haben. Er startete die vernichtende
Kritik an Kant, die bis heute unter den Philosophen gültig geblieben
ist. "Ueber den Begriff der Wissenschaftslehre" ist eine fundamentale
Kritik der bisherigen Philosophie (womit fast ausschliesslich Kant gemeint
ist,
obwohle Fichte viele Skeptiker zitiert) auf systematischen Hintergrund,
dass eine Wissenschaft auf sich selbst anwendbar sein muss (2. Ordnung)
und deshalb zunächst sich und ihres Gegenstandes bewusst sein muss.
Das Argument ist: Kant ist der beste Wissenschafter, der alles und jedes
richtig erforscht hat. Die Philosophie ist aber die Wissenschaft der
Wissenschaft und dazu hat Kant nichts gesagt. Das musste Fichte tun.
Wie wir wissen, ist daraus der hegelsche Idealismus entstanden, der
die Philosophie beherrscht. Nur Naturwissenschafter berufen sich auf
Kant (der eben auch Wissenschafter statt Philosoph war).
Und wenn ich schon dabei bin: Für mich mich ist der Idealismus bei
Marx aufgehoben (von welchem Ernst v. G. zu mir sagte, wenn es um
viable Konzepte der Gesellschaftsanalyse gehe, sei ihm Marx der liebste).
Hier geht es aber nicht um Gesellschaftsanalyse, sondern um die
Grundlagen des Wissens. Marx sagt dazu: Die Frage ist falsch gestellt.
In seiner Dialektik geht es darum, dass jeder Widerstreit, zb jener
zwischen "A" und "B" eine ideologische Maske der
Produktionsverhältnisse
ist.
Damit hat jede wissenschaftliche Aussage eine ganz entschieden nicht
wissenschaftliche, aber sehr stabile Grundlage, die weit vom Ding an sich
entfernt ist.
Im Konstruktivismus von (rechtslastigen) Luhmann geht es zuvorderst darum,
diesen Zusammenhang zu negieren, Luhmann ist ein Philosoph im ganz üblen
Sinne.
Und schliesslich: In der Systemtheorie 2. Ordnung wird die Kritik, die
Fichte
an Kant geführt hat, auf radikal subjektive Weise neu geführt. Es geht
darum,
die Systemtheorie auf die Systemtheoretiker anzuwenden. Also nicht die
Theorie
auf die Theorie, wie Fichte das verlangt hat, sondern die Theorie auf den
Beobachter, der sie formuliert. Und genau das ist das Verfahren, das
Paradoxien
(auch die Kant'sche) zum Verschwinden bringt.
Uff, das ist jetzt aber dicke Post geworden: die ganze Welt (von Rolf) in 2
Minuten !!
Herzlich
Rolf
©1999,M.Bettoni,CZM,Fachhochschule beider Basel