Organizing Organizations“
Internationaler
Heinz von Foerster – Kongress 2003
INSTITUT für SYSTEMISCHES COACHING und TRAINING
Wien, 10-12 November 2003
und so die Kreativität beflügeln
(Workshop mit Diskussion anhand einer Lektion von Silvio Ceccato)
Marco Bettoni - Institute for Work Psychology, Swiss Federal Insitute of Technology Zürich, marco.bettoni@weknow.ch
Einleitung
Im Herbst 1993, vor 10 Jahren also, weilte bei Heinz von Förster in seinem Haus auf dem Rattlesnake Hill bei Pescadero – eine Stunde südlich von San Francisco – einer seiner alten österreichischen Freunden, Ernst von Glasersfeld. Sie hatten beschlossen sich eine Woche lang über ihre Vergangenheit zu unterhalten und das Gesagte auf Tonband aufzunehmen. So sassen sie jeden Tag mit dem Tonbandgerät und erzählten ihre Erinnerungen [v.Förster & v.Glasersfeld, 1999].
Eines Tages führte ihre Begegnung zu einer Diskussion über Percy W. Bridgman, Silvio Ceccato und operationelle Begriffsanalyse. Für von Förster wie auch für von Glasersfeld und Ceccato war Bridgman „eine Erleuchtung“ gewesen [a.a.O., S. 45]. In der Tat wurde Bridgmans „Operationsidee“ der Ausgangspunkt einer theoretischen Entwicklung, die zur Betrachtung von Begriffen als Operationen führte (operationelle Begriffsanalyse), einer der Kerngedanken des Radikalen Konstruktivismus.
Bridgman war Physiker (Nobelpreis für Physik) und war durch die Einsteinsche Relativitätstheorie auf die Operationsidee gekommen. Er hatte nämlich gefunden, dass man das Problem der Gleichzeitigkeit in der Relativitätstheorie sehr elegant lösen kann, indem man den Begriff der Gleichzeitigkeit durch Operationen definiert. Dieser Ansatz aus der Physik, passte ausgezeichnet zu Silvio Ceccatos Idee, dass wir uns unsere Begriffe durch mentale Operationen konstruieren [Ceccato, 1947]: er fing also an, eine Begriffsanalyse aufzubauen welche die zum Aufbau eines Begriffs notwendigen mentalen Operationen liefern sollte.
Zusammenfassung
Nach der Überwindung der elementaren Bedürfnisse, der Ernährung, des Schlafes, usw. die uns verbinden und über welche wir uns verstehen, hat sich der Mensch eine Zivilisation und eine Kultur aufgebaut indem er sich durch das subtilere mentale Arbeiten eine Unmenge anderer Bedürfnisse, Genugtuungen und Unzufriedenheiten anfertigte. Wer andere Positionen vertritt als unsere eigenen, wird als Feind oder Wahnsinniger empfunden und abgestempelt.
Das Aufmerksamkeits-Modell von Kognition und Ceccatos Experimente in der Schule zeigen uns, dass wir uns darüber bewusst werden können, dass andere Ansichten das Ergebnis anderer Operationen sind: das Wie bestimmt das Was.
Das Bewusstsein dieser Operationen kann uns
neue Freiheitsgrade eröffnen, unsere Kreativität beflügeln und ‚last but not
least’ uns das schönste Geschenk liefern: die Einsicht, dass wir als Menschheit
den grössten Fortschritt dadurch erreichen werden, indem wir lernen werden diese
Operationen, dieses ‚Wie’ in den anderen Menschen zu respektieren und als
Bereicherung zu schätzen.
Keywords: Radikaler Konstruktivismus, Silvio Ceccato, Theorie der Aufmerksamkeit, Percy W. Bridgman,
Literatur
Marco Bettoni, The "Attentional Quantum" Model of Human Cognition, Fourth Intern. Conference on Computational Intelligence and Neuroscience, Atlantic City, NJ, USA - February 27 - March 3, 2000 (URL: http://www.weknow.ch/aqm/iccin2000/Cover.html)
Silvio Ceccato, Essai de Méthodologie Opérationelle, Vortrag an den „Entretiens de Zürich“, 1947; Veröffentlicht in: Silvio Ceccato, Un tecnico fra i filosofi, Marsilio, 1964, p. 261-302.
Silvio Ceccato, Il Punto – Über die alten und neuen Erfahrungen des unwahrscheinlichen Lehrers. Ipsoa, Milano, 1980. Autorisierte Deutsche Übersetzung & Ausgabe von M. Bettoni, Zürich, 1983.
Harter, M.R.: "Excitability Cycles and Cortical Scanning: A Review of Two Hypotheses of Central Intermittency in Perception", Psychological Bulletin 68 (1967), 47-58.
Lehmann, D. et.al: "Brain electric microstates and momentary conscious mind states as building blocks of spontaneous thinking: I. Visual Imagery and abstract thoughts." Int. J. Psychophysiol.., 29: 1-11(1998).
Heinz von Förster und Ernst von Glasersfeld, Wie wir uns erfinden, Carl-Auer Systeme, Heidelberg, 1999.