Salzburger Nachrichten am 27. Januar, 2001 - Bereich: wissenschaft Hirnquanten Die Quantenphysik scheint die Neurobiologie als Leitwissenschaft innerhalb der Kognitionswissenschaften abzulösen. Auf einem Luzerner Symposium sprachen vor allem Physiker und Mathematiker zur Erforschung des Bewusstseins. STEFAN WEBER
In Luzern wurde das Hameroff-Penrose-Modell kontrovers diskutiert: Auch der Wiener Quantenphysiker Anton Zeilinger möchte Information im Gehirn quantenphysikalisch erklären. Er kritisierte jedoch das Orch OR-Modell als zu realistisch, womit der Streit über die philosophisch korrekte Interpretation der Quantenwelt(en) eine Neuauflage erfuhr. Der Tübinger Chaosforscher Otto E. Rössler fasste jenen OR-Bereich, in dem laut Penrose und Hameroff Bewusstsein entsteht, als ein "Interface" zwischen Quantenwelt und klassischer Welt auf, wobei er jedoch die beiden letzteren durch die Begriffe "Endowelt" und "Exowelt" ersetzte. Seine Spielart der Quantenphysik sollte eine Weiterentwicklung darstellen, er nannte sie "Endophysik". Auf dem zweitägigen Luzerner Symposium am vergangenen Wochenende wurden die einzelnen erkenntnistheoretischen Positionen zur Quantentheorie des Bewusstseins deutlich: Möglich sind realistische Interpretationen, wonach es die Quantenwelt "wirklich gibt", aber auch konstruktivistische Interpretationen, wonach die Quantenwelt lediglich unsere Konstruktion ist. Im Anschluss an das nondualistische Erkenntnismodell des Klagenfurter Philosophen Josef Mitterer wurden auch neue Positionen diskutiert, die die Frage nach dem Realitätsstatus der Quantenwelt obsolet erscheinen lassen. Was zu erwarten war: "Das Rätsel des Bewusstseins", so der Symposiumstitel, blieb ungelöst. Quantenphysikalische Bewusstseinstheorien erinnern an ihre neurobiologischen Vorgänger, die ebenfalls reduktionistisch argumentieren. Und die erkenntnistheoretische Verwirrung scheint mit ihnen eher zuzunehmen. "Vor lauter Menschen, die das Rätsel des Bewusstseins lösen wollen, haben wir vergessen, wer es eigentlich gemacht hat", so Mitterer in der Diskussion. |